Von Donaueschingen bis Tuttlingen

Paddelfahrt durch Kältekammer


 

Die Donau weist seit mehreren Wochen einen guten und erfreulich langsam sinkenden Pegel auf, in Zahlen: Am von mir beobachteten Pegel Beuron, der mir seit langem als eine Art Referenzpegel  dient, finden sich seit fast drei Wochen Werte, die allmählich von über 180 auf inzwischen ca. 130cm gesunken sind. Im Schwarzwald vollzieht sich die Schneeschmelze nur langsam, wohl deshalb die Beständigkeit unserer Donau.  

Für die 37 km Donau von D’eschingen bis Tuttlingen, die ich, weil doch etwas pegelabhängig, im Vereinsprogramm noch ohne Datumsangabe untergebracht hatte, wollte ich diesen Umstand jetzt, also noch rechtzeitig vor erwartbaren NW-Zeiten, nutzen, und so meldete ich per Rundmail an alle TSV-Laiz-Kameraden und ein paar weitere, dass ich diese schöne Fahrt für Sonntag, 22.3., anbiete. Das Ergebnis übertraf meine Erwartung: 2 Meldungen von außerhalb, 1 Meldung aus dem Verein. Eine nette Gruppe würde dies ergeben.

Für mich war von vornherein nicht klar, ob die Strecke nach der Versickerung unterhalb Immendingen befahrbar sein würde, ein Fahrtende in Immendingen mit Nutzung des dortigen Bahnhofes wäre die Lösung gewesen.

Pünktlich um 7h trafen Uli aus HDH, Ute und Wwartin Lucia –inzwischen auch gemeldet-  zum Frühstück bei mir ein. Bis wir hier in Blochingen losfuhren, war Jürgen aus Marbach mit Kamerad Ralf  schon an der Einsetzstelle in D‘eschingen. Es war ein kalter Tag mit starkem N-O-Wind, also Gegenwind.  Etwa die erste Hälfte unserer Strecke durchquert eine muldenförmige Landschaft, die im Wetterbericht immer wieder mal als Sammelbecken für nächtliche Kaltluft besonders erwähnt wird, eben die Baar. Besonders im ersten Teil unserer Strecke war gut zu erkennen, dass die Schneeschmelzen von Anfang Januar und vom Anfang März hier in großer Pegelhöhe durchgebraust waren, über 1m höher, als wir jetzt fuhren.

 

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Wider Erwarten hatte ich die richtigen Kittel in richtiger Anzahl angezogen, die Handschuhe, meine Sitzposition und die Spritzdecke passten, und so hatte ich mit dem Wetter kein Problem, außer dass wir alle hartnäckig ackern mussten und nur langsam vorankamen. Die Kameraden, alle etwas jünger, waren wohl sowieso etwas härter im Nehmen; wir kämpften uns verbissen und doch in guter Laune durch die recht interessante Flusslandschaft. Zwar hatte Uli  Probleme wegen fehlender Fußstützen im Kodiak und wegen nicht passender Spritzdecke, aber er löste sie auf seine Weise: Wohl mit  dem schnellsten Boot unserer heutigen Flotte unterwegs, ließ er seinen Ärger über die Ausrüstungsmängel erst mal am Paddel aus und war vom Start weg eine Weile außer Sichtweite voraus. Die übrige Gruppe fand, ohne dass Absprachen hierzu nötig geworden wären, zu einem auch mir angenehmen gemeinsamen Paddeltempo. Sogar die heute gesundheitlich angeschlagene Lucia hielt wacker mit; nur als sie angesichts eines nahen Dorfes mit Sportgaststätte um eine Einkehrpause bat, wurde ihr dies verweigert.

Doch schwächten ein paar lange, dem Wind voll ausgesetzte Rückstaustrecken und die dann folgenden Umtragungen (hier war auch die untere Körperhälfte dem kalten Wind ausgesetzt) ganz allmählich unseren Kampfeswillen. 

 

       Als wir  - übrigens erstaunlich früh am Tage -  am Wehr in Immendingen ankamen, hatte ich mich mit der Vorstellung abgefunden, dass wir hier unsere Fahrt beenden würden. Plötzlich meldete Ute der Gruppe, dass sie den Rest der Strecke nach Tuttlingen weiterpaddeln wolle. Sofort hängte ich mich daran, und auch Uli wollte mit. Dass Lucia hier aufhören würde, war richtig und schon vorher geklärt.  Auch Jürgen und Ralf hatten genug (kam das vom langen Warten auf die anderen?). Der nächste Zug würde in einer knappen Stunde nach D’eschingen gehen, das passte. Überrascht und erfreut von der Wendung, die Ute meinem Fahrtverlauf gegeben hatte, fuhren wir nun zu dritt weiter. Lucia würde per Telefon von Ute erfahren, ob wir bei Möhringen oder in Tuttlingen auf unsere Abholung warteten.

Schon kurz nach dem Weiterstart mussten wir am Messwehr gleich unterhalb Immendingen umtragen; der kräftige Rücklauf dort erscheint mir auch jetzt nicht geheuer. Für herankommende  Paddler ist die Gefahr nicht so deutlich erkennbar.

Unsere Suche nach der Versickerungsstelle hatte wenig Erfolg. Zwar sahen wir an mehreren Stellen Hinweistafeln, Sitzbänke und andere touristische Infrastruktur; auch bestätigten uns Spaziergänger zweimal auf Anfrage, dass wir an der richtigen Stelle seien; auch behauptete Ute nachher eindringlich, sie habe mit Uli Stellen am Ufer gesehen, wo eindeutig Donauwasser weggurgelte; nun gut, ich war jedenfalls froh, dass sich der Wasserverlust für uns zum Paddeln überhaupt nicht erkennbar auswirkte. Das Wasserwandern zu Fuß, das Schleifen der Boote von Gumpen zu Gumpen und von einer Pfütze zur nächsten, wie ich es von einer sommerlichen Fahrt mit meiner Tochter noch erinnere, blieb diesmal überflüssig. Die Stufe vor Möhringen, die angeblich den Rückfluss des per Tunnelableitung vorm Versickern geretteten Donauwassers verhindern soll, war kräftig überflossen und befahrbar, wenngleich alle drei Boote hier aufpolterten.

 

Auch unsere Reststrecke war sehr schön: eine Weile eine hübsche Wiesenlandschaft, links die Häuser von Möhringen, rechts gut 100m entfernt die Bundesstraße, dann ein Spitzwehr, vor dessen Gefahren eine Tafel warnte – ich habe dieses Wehr noch nie umtragen – dann eine Wildnis, in welcher die Donau ziemlich zugewachsen, also sehr schmal ist und flott und kurvenreich fließt. Zum Schluss noch ein paar 100m kanalisiert, bis nach der EB- und der B14-Brücke rechts unser vorgesehener Ausstieg bei dem Edekamarkt lag.  Da dort eine Art Flohmarkt stattfand, konnte ich gleich Magenbrot und weitere Süßigkeiten für unseren Kalorienhaushalt einkaufen. Nur wenig später kam  mein Auto mit Lucias Boot um die Ecke gefahren  . . .

Inzwischen habe ich einige positive Rückmeldungen erhalten. Daraus folgt, dass ich dieselbe Fahrt bei etwas mehr Wärme noch einmal anbieten will – wenn Wind und Pegel dies erlauben. Ulis Wunsch, die  Fahrt bei trockengefallener Versickerungsstelle zu wiederholen, wird nicht gehen: abgesehen von der Mindestpegelregelung ab D’eschingen müssten wir dann unsere Bootswanderung überwiegend zu Fuß machen, die Boote an der Leine  - oft schon lange vor der Versickerung.

 

Reinhard, 27.3.2015